Dermatologe Dr. Lutz verrät, was dabei zu beachten ist
Haarausfall betrifft einen großen Teil der Bevölkerung. Die Ursachen können sehr unterschiedlich sein, wobei bei vielen Frauen und Männern eine erbliche oder hormonelle Ursache vorliegt. Über 50% aller Männer ab 20 Jahren leiden allein unter erblich bedingtem Haarausfall. Sobald sich das Haar lichtet, ist der Leidensdruck sehr groß und man will nur eins: endlich wieder volles Haar. Während man früher nur mit einem Toupet oder einer Perücke aushelfen konnte, stehen heute verschiedene Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Dazu zählen unter anderem Haartransplantationen, Medikamente, spezifische Nahrungsergänzungsmitteln bei entsprechenden Mangelzuständen oder Tinkturen zur äußerlichen Anwendung. Außerdem wird in diesem Zusammenhang auch immer die Mesotherapie genannt. Was man genau unter der Mesotherapie versteht und wie sie wirkt, klären wir zusammen mit Dermatologen Dr. Gerhard Lutz auf.
Was genau ist eine Mesotherapie bzw. Mesohair?
Die Mesotherapie bei Haarausfall ist eine Technik, bei der Mikronährstoffe mit einer feinen Nadel in die Kopfhaut injiziert werden. Zu den Wirkstoffen, die dabei eingesetzt werden, zählen zum Beispiel Stammzellextrakte, Hyaluronsäure, Vitamine, Biotin und homöopathische Substanzen. Ziel der Mesotherapie ist es, das Haarwachstum anzuregen und zudem die Durchblutung der Kopfhaut sowie die Haarqualität durch die Injektion zu verbessern. Je nach Patienten finden etwa sechs Behandlungen in einem Abstand von einer Woche statt. Danach folgt die monatliche Erhaltungstherapie (vgl. 1).
Bei welcher Form von Haarausfall wird die Mesotherapie eingesetzt?
„Sobald man wahrnimmt, dass mehr Haare ausfallen als üblich, sollte man nach der Ursache suchen und wenn möglich direkt mit einer spezifischen Behandlung beginnen. Das trifft auch für die Mesotherapie zu. In den häufigsten Fällen wird die Mesotherapie bei erblich bedingtem Haarausfall angewendet“, so Dr. Lutz.
Welche Chancen und Risiken gibt es bei der Mesotherapie?
Die Mesotherapie wird inzwischen von einer Reihe von Dermatologen bei kosmetischen Indikationen eingesetzt, etwa im Gesicht oder an den Beinen, um Fältchen und Cellulite zu reduzieren (vgl. 1). Außerdem wird sie immer wieder beim Thema Haarausfall ins Gespräch gebracht, das trifft auch für die androgenetischen Alopezie (AGA), also den erblich bedingten Haarausfall, zu. Zwar gibt es Publikationen, die bei Patientinnen mit einer AGA von einer Verbesserung des Haarwachstums und einer Zunahme der Haardicke und -dichte berichten (vgl. 2), aber insgesamt ist die Studienlage noch nicht umfassend erforscht. Deshalb wurde die Mesotherapie bislang auch nicht in die S3-Leitlinie zur Behandlung der androgenetischen Alopezie aufgenommen (vgl. 3,4). In einer 2019 publizierten Studie konnte zudem kein signifikant besseres Ergebnis gegenüber 5% Minoxidil festgestellt werden (vgl. 5). „Diese Therapieform kann, wie andere Therapien auch, Risiken mit sich bringen. So gibt es Fallberichte, dass unter der Mesotherapie sogar Haarausfall aufgetreten ist (vgl. 6,7). Besonders gut informieren sollten sich daher zum Beispiel Patienten mit Allergien, Unverträglichkeiten oder auch Stoffwechselstörungen“, berichtet Dr. Lutz. Die Wahl der Therapie kommt insgesamt natürlich auch auf die persönliche Einstellung des Patienten an. Manchen macht die Vorstellung, eine Injektion in die Kopfhaut zu bekommen nichts aus. Andere hingegen bevorzugen dann lieber andere Mittel, beispielsweise solche, die man sich selbst auf die Kopfhaut auftragen kann. Hier ist der Rat des Dermatologen gefragt.
Alternativ-Behandlungen bei Haarausfall
Wer sich gegen eine Mesotherapie entschieden hat, wird nicht im Regen stehen gelassen. So Dr. Lutz: „Meine Erfahrungen zeigen, dass vor allem der Wirkstoff Minoxidil positive Ergebnisse erzielt. Minoxidil hat nachweislich eine haarfördernde Wirkung und stärkt die Haarfollikel, indem es die Blutgefäße erweitert und die Blut- und Nährstoffversorgung des Haares unterstützt.“ Wichtig ist, dass insbesondere beim anlagebedingten Haarausfall eine Langzeitbehandlung umgesetzt wird. Dr. Lutz rät aber auch: „Insgesamt sollte Haarausfall wie eine Krankheit betrachtet werden. Nur so kommt man zur Ursache und kann eine individuelle Lösung finden, denn die Ursachen für Haarausfall können sehr unterschiedlich sein. Haarsprechstunden und der Dermatologe oder die Dermatologin des Vertrauens können Aufschluss geben, was in welchem Fall hilfreich ist.“
Quellen:
(1) Deutsche Gesellschaft für Mesotherapie: https://www.mesotherapie.org/mesohair/
(2) Hana Duchková & Marta Hašková (2015). Female Androgenetic Alopecia, a Survey of Causes and Therapeutic Options. Cas Lek Cesk, 154(2), 90-4.
(3) Blumeyer, A. et al. (2011). Evidence-based (S3) guideline for the treatment of androgenetic alopecia in women and in men. Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft, 9, 1-57.
(4) Kanti, V. et al. (2017). Evidence-based (S3) guideline for the treatment of androgenetic alopecia in women and in men. Journal of The European Academy of Dermatology and Venereology.
(5) Gajjar, P., Mehta, H., Barvaliya, M., & Sonagra, B. (2019). Comparative study between mesotherapy and topical 5% minoxidil by dermoscopic evaluation for androgenic alopecia in male: A randomized controlled trial. International Journal Of Trichology, 11(2), 58-67.
(6) Duque-Estrada, B., Vincenzi, C., Misciali, C., & Tosti, A. (2009). Alopecia secondary to mesotherapy. Journal Of The American Academy Of Dermatology, 61(4), 707-709.
(7) El-Komy, M., Hassan, A., Tawdy, A., Solimon, M., & Hady, M. (2017). Hair loss at injection sites of mesotherapy for alopecia. Journal Of Cosmetic Dermatology, 16(4), 28-30.